Diesen Zustand, den Pierre Bourdieu hier beschreibt finden wir nahezu überall in der Welt, aber im Falle einiger Länder in Lateinamerika wie beispielsweise Venezuela, Ecuador und Argentinien besitzen und dominieren einige wenige Konsortien und Familien den kompletten medialen Sektor und somit die öffentliche Meinung, die sie in ihrem Kampf gegen die neuen mitte-links Regierungen, die sich gegen die neoliberale Politik der letzten 30 Jahre stellen.
Aber nicht nur auf nationaler Ebene hat sich eine Opposition
gegen die Reformen dieser Regierungen zusammengefunden, auch die internationale
Presse und Organisationen wie Reporter ohne Grenzen sind auf den Zug
aufgesprungen und verbreiten falsche/fehlerhafte Informationen mit dem Ziel die
neuen Gesetze zu kippen und die Initiative dieser Regierungen, die eine
Alternative zur neoliberalen Politik und der Hegemonie einiger weniger
internationaler Konsortien sein will, im Keim zu ersticken.
Die Situation in
Ecuador vor der Verfassungsreform im Jahre 2008
Nach der Diktatur (1972-1977), begann der Übergang zur
Demokratie, in dem es keine bzw. wenige Probleme zwischen den Regierungen und
den Medien gab. Die Beziehung zwischen beiden kann als eine Periode des
friedlichen Koexistierens bezeichnet werden, bis die populistische Regierung
und Abdalá Bucaram die Wahlen für sich entscheiden konnte ohne die Unterstützung,
Hilfe oder Mitarbeit der Medien. Er benutzte die Medien um sich und seine
Regierung zu präsentieren, und dass in einer exzentrischen Art und Weise, die
mehr und mehr Medien zu stören begann. Diese organisierten daraufhin
Demonstrationen und Straßenproteste und konnten so die Präsidentschaft von
Bucaram beenden.(Aguinaga 2010: 157f.)
Im Januar 2000 musste auch der erfolgreiche Jamil Mahuad
seine Präsidentschaft aufgeben nachdem er einige Entscheidungen getroffen
hatte, die zu einer großen Krise im finanziellen und wirtschaftlichen Sektor
führten, was daraufhin zu einer schwierigen politischen Situation führte, die
aus der neoliberalen Politik der Regierungen herrührte.(ebd.: 158/159)
Im Bereich der Presse war diese Zeit vor allem durch Unregelmäßigkeiten
und Ungleichverteilungen der Konzessionen und Frequenzen durch die zuständige
Behörde (CORNATEL) gekennzeichnet. Der nationale Rat für das Radio und
Telekommunikationswesen (CORNATEL), das zuständig für die Verteilung und
Zuteilung der Radio- und Fernsehfrequenzen ist, kollaborierte mit den großen
Medienkonzernen oder fand keine legalen Mittel um gegen die wachsende
Monopolisierung vorzugehen. Während die privaten Medienkonzerne an Kraft
zulegen konnten und auf aggressive Art und Weise starke Einfluss auf die Wahlen
nehmen konnten. Nach und nach dominierten so eine Hand voll großer
Medienkonzerne den gesamten Bereich der Massenmedien.(ebd.: 160)
Das neue Mediengesetz
Wie wir bereits gesehen haben, wird der gesamte Mediensektor
inklusive der landesweiten Frequenzen von Monopolen und Oligopolen in Ecuador
dominiert während sie gleichzeitig dafür sorgen, dass es fast unmöglich ist
neue Tageszeitungen, Radiostationen oder Fernsehsender zu gründen. Dies führte,
neben anderen Punkten, dazu, dass man Wege finden musste diesen Bereich zu
demokratisieren und somit den Weg öffnet um die Medienlandschaft in Ecuador zu
renovieren.
So begann die Regierung unter Correa damit eine
Gesetzesinitiative auf den Weg zu bringen, die die Macht der großen Konsortien
und Mediengesellschaften einschränken sollte. So wurden unter anderem Monopole
und Oligopole verboten und gleichzeitig öffentlich-rechtliche Medien
geschaffen.(Bruchmann 2012: 132)
Dies erschien notwendig, da sich die Medien seit 1966
hauptsächlich darauf beschränkten die eigene wirtschaftliche Lage zu verbessern
und sich nicht darum kümmerten eine demokratische Öffentlichkeit zu schaffen.
Dies änderte sich erst 2008, als die neue Verfassung in Kraft trat, in der das
Recht auf Kommunikation, die Freiheit der Presse und die Meinungsfreiheit,
sowie der universelle Zugang auf Informationen und Medien, wie bspw. das
Internet oder Fernsehen festgelegt wurden. Darüber hinaus regelt die neue
Verfassung das Recht neue soziale Kommunikationsmedien zu gründen - unter
gleichen Vorrausetzungen für private, öffentliche und kommunitäre Akteure - und
die Festlegung von Subventionen und Unterstützung für neue Teilnehmer in diesem
Bereich.(ebd.: 129)
Zugleich wurde es jedoch notwendig diese Punkte genauer zu
definieren, womit die Gesetzesinitiative zur Schaffung eines neuen
Mediengesetzes auf den Weg gebracht wurde, das allerdings bis heute nicht
verabschiedet wurde. Die grundlegende Idee in der Gesetzesinitiative besteht in
der Demokratisierung und gleichzeitiger Schaffung von Pluralität im Bereich der
Kommunikationsmedien, die größere Partizipation des Volkes, insbesondere der
indigenen Bevölkerung, sowie die Garantie auf eine transparente Vergabe der
Konzessionen und Frequenzen.(ebd.:132)
Aus diesem Grund soll ein nationaler Rat für Kommunikation
und Information geschaffen werden, der politisch für den Bereich der Medien
zuständig sein und die sozialen und materiellen Vorraussetzungen schaffen soll.(ebd.:133)
Aber ähnlich wie in Argentinien, wo ein Gesetz aus der
gleichen Intention heraus geschaffen werden sollte, waren die Reaktionen auf
das neue Mediengesetz in Ecuador geteilt und über viele Punkte wird seit Beginn
der Initiative heftig diskutiert. So fürchten insbesondere die großen
Medienkonzerne Ecuadors und Organisationen wie Reporter ohne Grenzen, dass das
Verbot diskriminierender und diffamierender Informationen, sowie die
Verantwortung der Autoren und der Konzerne zu einer Autozensur führen könnte
und damit die Arbeit der Journalisten in Ecuador stark eingeschränkt wäre.(vgl.
ebd.: 131) Und dass, obwohl in dem Gesetz weder eine Zensur vorgesehen
noch die Pressefreiheit eingeschränkt werden soll.(ebd.: 132)
So heißt es in Artikel I des neuen Gesetzes: „Das Ziel
dieses Gesetzes ist es, die Rechte auf Kommunikation und Information, die
Meinungsfreiheit, die Informationsfreiheit, die Demokratisierung der Medien,
den freien Zugang zu öffentlichen
Informationen und den universellen Zugang zu Informationstechniken, wie sie im
Gesetz, in der Verfassung und nach internationalem Recht beschrieben werden zu
garantieren.”(Andino 2010: 27)
Und um für Pluralität und Diversität im Mediensektor zu
sorgen heißt es in Artikel VI, dass den Personen eine Stimme gegeben werden
soll, die vor dem Gesetz keine Stimme hatten.(Bruchmann 2012: 132)
Dieser Artikel ist ein Auszug aus einer wissenschaftlichen
Hausarbeit, die im Rahmen eines Seminars an der Universität Heidelberg im
Wintersemester 2012/13 geschrieben wurde. Der Originaltitel ist: “Pos-neoliberalismo y luchas por la hegemonía en
Ecuador: Conceptos alternativos para establecer un público crítico” (und kann
als .pdf heruntergeladen werden (spanisch))
Literaturverzeichnis:
Aguinaga, Hernán Reyes (2010)
Pos-neoliberalismo y luchas por la hegemonía en Ecuador. Los entrecruces entre
la política y la comunicación. IN Sel, Susana (Ed. Políticas de comunicación en
el capitalismo contemporáneo. Buenos Aires, CLACSO.
Andino, Dr. Mauro (2010) Proyecto de ley
orgánica de comunicación. IN Nacional,
Asamblea (Ed. Quito).
Bourdieu, Pierre
(2004) Bd. 3: 1988 - 1995 : Ernüchterung durch die Politik & Realpolitik
der der Vernunft ; Kämpfe auf europäischer Ebene & Neuerfindung eines
kollektiven Intellektuellen ; Bd. 4: 1995 - 2001 : Unterstützung der sozialen
Kämpfe: vom Dezember '95 bis Raisons d'agir ; die Medien im Dienste der
konservativen Revolution ; Widerstand gegen die liberale Gegenrevolution.
Hamburg, VSA-Verl.
Bruchmann, Hanno
(2012): Medienpolitik in Ecuadors »Revolución Ciudadana«, in: Rosa-Luxemburg-Stiftung:
Manuskripte 95, S. 119-137.
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